"Finanzkrise Nordhorns ist auch eine Chance"

7. Januar 2003

GN vom 7.01.03 – Irene Schmidt
CDU-Fraktionsspitze sieht die Möglichkeit neue Strukturen zu entwickeln – Eigenverantwortung stärken

Die Nordhorner CDU-Fraktion sieht in der Finanzkrise Nordhorns die Chance für eine zukunftsweisende Weiterentwicklung der Kreisstadt. Neue Ideen seien gefordert, sowohl für einen effektiven Sparkurs als auch im Sinne der Wirtschaftsförderung, betonten gestern Erika Meier-Schinke, Reinhold Volken und Ewald Mülstegen während der Jahrespressekonferenz der Fraktion im Hotel am Stadtring.
„Die finanzielle Schieflage des derzeitigen Haushalts ist nicht allein hausgemacht. Sie wird vielmehr gefördert durch eine geringere Ertragslage der gewerblichen Unternehmen und eine Zunahme an Insolvenzen und Konkursen", erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Reinhold Volken. Die Gewerbesteuereinnahmen gingen weiter zurück; die Finanzzuwendungen des Landes fielen niedriger aus. Dazu kommen die Folgen des Weggangs der Citibank und die Rückforderung überzahlter Gewerbesteuern des Unternehmens in erheblicher Höhe. Das
Fazit: „Die Finanzlage hat sich drastisch verschärft. Wir müssen im Rat gemeinsam unpopuläre Maßnahmen treffen, die den einzelnen Bürger auch ein bisschen schmerzen können." Allerdings setzt die CDU als Oppositionspartei im Rat der Stadt Nordhorn teilweise andere Schwerpunkte als SPD und Grüne. „Nach wie vor steht unser Wahlprogramm im Vordergrund", betont die Fraktionsvorsitzende Erika Meier-Schinke: „Das was wir versprochen haben, wollen wir möglichst umsetzen. Dabei geht es auch um unsere Glaubwürdigkeit." Einer der Schwerpunkte ist für die CDU nach wie vor der Bildungsbereich. Auch hier sollen zehn Prozent der Kosten eingespart werden. „Aber nicht bei den Hauptschulen", fordert die CDU. Nachdem die Grundschulen für ihre Sachkosten im vergangenen Jahr deutlich besser ausgestattet worden waren, um ihren Nachholbedarf zu decken, könne hier die notwendige Kürzung verkraftet werden. Die Hauptschulen, die keine Erhöhung bekommen hatten, könnten einen Abzug jedoch nicht verkraften. „Keine Schule darf benachteiligt werden und es darf auch kein Bereich auf Kosten eines anderen von Sparmaßnahmen verschont werden", fordert Ewald Mülstegen. – „Das Ganze ist eine Gratwanderung." Dennoch steht die CDU-Fraktion dazu, dass gespart werden muss. Teilweise könnten sogar mehr als zehn Prozent, wie im Katalog der Stadtverwaltung gefordert, eingespart werden. „Die Kommune kommt an langfristigen Strukturveränderungen nicht vorbei", erklärt Volken: „Wir müssen den Mut haben, städtische Angebote zurückzufahren." Gleichzeitig müsse die Eigenverantwortung gefördert werden. „Nur wo Mitbürger das nicht können sollte dann die Gesellschaft eintreten." Darüber hinaus möchte die CDU-Fraktion bereits im Vorfeld geplanter Maßnahmen von der Verwaltung erfahren, ob und in welcher Höhe Folgekosten zu erwarten sind. Dieses Verfahren hat sich in anderen Kommunen bereits bewährt. Interessant und hilfreich für Entscheidungen wäre auch eine „Produktrechnung". So hat Erika Meier-Schinke grob nachgerechnet und festgestellt, dass beispielsweise jeder Badegast im Freibad Klausheide jährlich mit 20 Euro bezuschusst wird. „Anhand dieser Berechnungen könnten wir besser vergleichen und feststellen, ob ein Angebot diesen ,Preis’ wert ist", erklärt Meier-Schinke. Trotz der Finanzmisere sieht sie jedoch die Notwendigkeit, das Hallenbad am Stadtring zu sanieren und auszubauen: „Schließlich ist Nordhorn die Kreisstadt. Da ist ein zeitgemäßes Hallenbad kein Luxus." Auch in anderen Bereichen hat die CDU-Fraktion Vorstellungen, die von der derzeitigen politischen Linie abweichen. So sollten Anwohner nicht für Kosten der Sanierung oder des Ausbaus einer Durchgangsstraße herangezogen werden. Darüber hinaus sollte die Stadt ihre Wohnbauförderung auf jene Familien ausdehnen, bei denen die Landesförderung nicht greift. Statt dessen könne man auf die Förderung ökologischen Bauens verzichten. „Nach den geltenden Richtlinien, zum Beispiel zum Wärmeschutz, ist ,Öko’ doch schon fast Standard", so Meier-Schinke. Dagegen könne dem Umweltschutz vermehrt Rechnung getragen werden, wenn sich Nordhorn vorerst nicht weiter ausdehne und statt dessen die Bebauung von Baulücken vorantreibe. Selbst wenn die Stadt dafür einen Zuschuss an die oftmals privaten Grundbesitzer zahle, werde sie sparen, da teure Erschließungskosten eingespart würden. – Nach einer Untersuchung aus dem Jahr 1993 könnten ohne Berücksichtigung der Flächen von Nino und Rawe 1500 Wohneinheiten durch die Bebauung von Baulücken geschaffen werden. Eine weitere Strukturveränderung, die der Stadt dauerhaft nutzen könnte, sieht die CDU-Fraktion in der Ankurbelung der Wirtschaft. Derzeit arbeitet die Fraktion an einem innovativen Konzept, das in Kürze präsentiert werden soll. Darüberhinaus wendet sie sich gegen jede Steuererhöhung. Statt dessen müssten Genehmigungsverfahren entbürokratisiert und die Wirtschaftsförderung verstärkt werden. Die Verwaltung müsse potenziell interessierte Unternehmen aktiv unterstützen. „Sonst ist die Konkurrenz schneller", warnen Meier-Schinke, Volken und Mülstegen. Lingen, Wietmarschen, Schüttorf und weitere Kommunen hätten ebenfalls attraktive Gewerbegebiete. Um aus der Krise neue Perspektiven zu gewinnen, rät die CDU-Fraktion der Stadt, auch ungewöhnliche Wege zu beschreiten. So habe es einmal Überlegungen gegeben, Nordhorn als Fachhochschulstandort anzubieten. „Doch nichts ist passiert", zeigt sich die CDU-Fraktionsspitze
enttäuscht: „Wir brauchen mehr Visionen um Nordhorn fit für die Zukunft zu machen".

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